LEBEN MIT EINEM PASSIV-AGGRESSIVEN PARTNER III
Das Erkennen der passiven Aggression ist schwierig
Wie schon in den voran gegangenen Beiträgen erwähnt, hat eine passiv-aggressive Persönlichkeits-Störung schwere Folgen für die Beziehung und den Beziehungspartner. Aus diesem Grunde gehe ich immer wieder in kleinen Beiträgen auf dieses Thema ein.
Zu Beginn einer Beziehung treten die Charakter- Merkmale einer passiv-aggressiven Persönlichkeits- Störung kaum zutage. Sie entwickeln sich erst mit der Zeit so, dass sie auch nach außen spürbar sind.
Im Laufe einer Beziehung passieren dann Dinge, die die bereits in einer Person vorhandene passive Aggression aufbrechen lassen. Die passive Aggression gleicht einem Herpes Virus. Sie schlummert in der Person, bis sie ausbricht. Dabei ist es nicht die Beziehung, die ursächlich für die passive Aggression ist, sondern die Probleme in einer Partnerschaft aktivieren sie lediglich.
Das macht die Problematik auch so unendlich schwierig. Ein Verhalten, welches scheinbar neu dazu kommt, wirkt so, als wäre es eine direkte Reaktion auf die Interaktion in einer Partnerschaft. Vielmehr handelt es sich aber bei der passiven Aggression um ein Verhalten, welches zu einem viel früheren Zeitpunkt im Leben entstanden ist. Dies zu erkennen, und adäquat darauf einzugehen, bleibt fast un-möglich.
Lange Zeit merkt der Beziehungspartner nicht, dass hinter dem Verhalten des Partners ein Schema steckt. Es dauert lange und kostet unendlich viel Kraft und Nerven, bis er deutlich spürt, dass das Verhalten des Partners für das eigene Leiden verantwortlich ist. (Siehe hierzu meine anderen Beiträge zum Thema.) Erst danach kann der zweite Schritt folgen.
Immer wieder wird es nämlich zum Vabanquespiel, (etwas, das ein sehr hohes Risiko darstellt), den Partner auf sein Verhalten und dessen Folgen für sich selbst aufmerksam zu machen. Ob es sich beim Verhalten des Partners aber tatsächlich um eine passive Aggression handelt, oder nicht, ist trotz allem schwierig zu erkennen, da dieses Verhalten auch andere Ursachen haben könnte. Ob dann sogar eine echte Persönlichkeitsstörung vorliegt, kann sowieso nur ein medizinischer Fachmann feststellen.
Wenn Zwei sich neu kennen lernen, ist es leider nicht möglich, bereits in der frühen Phase der Beziehung zu erkennen, worauf sie sich zukünftig miteinander einlassen. Deswegen trifft sie die spätere Erkenntnis, es mit einem passiv-aggressiven Partner zu tun zu haben, häufig wie ein Keulenschlag.
Die Beziehungsmuster, die die passive Aggression verstärken, oder erst deutlich zutage treten lassen, sind einfach. Zwei verlieben sich und habe eine stürmische Zeit miteinander. Bis, ja, bis sich der Alltag einschleicht… Der Alltag bringt es mit sich, dass aus 2 Personen, die einander bisher nur ihre Sonnenseiten gezeigt haben, 2 Menschen werden, die sich dem Partner auch immer mehr mit ihren Schattenseiten präsentieren. Das hat zur Folge, dass die entstandene Liebe Risse bekommt.
Für einen passiv-aggressiven Menschen geht fortan die Bedrohung los. Er fühlt sich in seiner Persönlichkeit bedroht. Kritik des Partners, ob berechtigt, oder nicht, erlebt er als vernichtend. Und da er nicht offen über seine Gefühle und Ängste sprechen kann, geschweige denn, gelernt hat, seine Wut und Aggressionen angemessen zu zeigen, fängt er unbewusst mit seinen Spielchen an. Dieses passiv-aggressive Verhalten dient der Kompensation der Gefühle, die er nicht auszudrücken vermag.
Um es an dieser Stelle nochmal deutlich zu sagen: Der Passiv-Aggressive ist kein bösartiger Mensch. Er ist auch nicht hinterhältig oder gemein. Dennoch wirkt er in seinen Verhaltensweisen wie jemand, der diese Dinge absichtlich tut. Ihm selbst ist sein Verhalten allerdings überhaupt nicht bewusst, während der Beziehungspartner, wie bereits in anderen Beiträgen erwähnt, meist Frauen, immer mehr zu leiden hat.
Das Leid besteht daraus, es mit einem Phänomen zu tun zu haben, welches so unendlich schwierig zu fassen ist, zudem der passiv-aggressive Partner jede Beteiligung abstreitet. Das hat zur Folge, dass die Partnerin anfängt, unendlich zu leiden. Sie leidet unter der versteckten Aggression, die ebenfalls vehement verneint wird, unter den unbewussten Spielchen ihres Gegenübers, wie auch darunter, dass die passiv-aggressive Person sich selbst für völlig unschuldig an der Situation erklärt. Das nämlich hat wiederum zur Folge, dass die Betroffene sich selbst dauerhaft hinterfragen muss, ob sie denn mit ihrer Einschätzung überhaupt richtig liege. Mehr noch, sie bekommt immer wieder Phasen des Zweifels, ob sie ihren eigenen Empfindungen vertrauen kann. Folge davon können Selbstzweifel sein, die dann noch erschwerend hinzu kommen.
Statt also, wie z.B. bei offener Wut und Aggression gemeinsam an den Wurzeln und Ursachen arbeiten zu können, muss sich das Paar dauerhaft auf dem Schauplatz der „Erkennung und Diagnose“ tummeln. Hierzu ist dringend Hilfe von außen notwendig. Die Gefühle beider müssen immer wieder hinterfragt werden. Dabei gibt es ohne professionelle Unterstützung kaum eine Chance, den wirklichen Ursachen auf den Grund zu gehen.
Das ist ähnlich, wie beim Alkoholismus. Die meiste Energie geht dafür verloren, dem alkoholsüchtigem Partner klar zu machen, dass er Alkoholiker ist. Und auch das ist oft vergebene Liebesmüh. Die Partnerin kann sich daran die Zähne ausbeißen, und eigentlich nur verzweifeln. Flucht und Selbstschutz wären in diesem Fall die einzige Option, die ihr bliebe.
Wirklich helfen kann im Falle der passiven Aggression nur eine langfristige Psychotherapie. Der Erkenntnisprozess, also der Weg zur Erkenntnis, dass man selbst eine passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung hat, ist äußerst langwierig.
Das Problem daran ist, dass der Leidensdruck bei der passiv-aggressiven Person nicht sehr hoch ist, merkt sie doch gar nicht, wie sehr sie aktiv ins Beziehungsleben eingreift, und den Partner mit dem eigenen Verhalten unter Druck setzt. Warum also sollte sie sich einer Psychotherapie aussetzen?
Die Partnerin hingegen, die massiv unter diesen Verhaltensweisen zu leiden hat, geht daran emotional nach und nach vor die Hunde. Eine Trennung, die das Mittel der Wahl wäre, kommt kaum in Frage. Denn das Perfide an diesen Beziehungen ist, dass gerade die Männer mit dieser Störung extrem liebevoll und zugewandt sind. Häufig werden gerade sie als Traumpartner beschrieben, als jemand, den sich die Partnerin schon immer gewünscht hat. Ein Umstand, der es der leidenden Partnerin äußerst schwer macht, sich zu trennen, um sich in eine für sie gesündere emotionale Situation zu begeben.
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