Die Crux mit der Psyche
Ein gesellschaftliches Phänomen
Ich bin immer wieder erstaunt, wie wenig Menschen tatsächlich mit den Auswirkungen ihrer Psyche vertraut sind. Die meisten Menschen spüren ein Leben lang nichts von ihrer Psyche. Lediglich, wenn sie große Verluste zu beklagen haben, wie nach einer Trennung, oder dem Tod eines lieben Menschen, kommen sie mit ihrer eigenen Seele in Berührung. Dann nämlich, wenn tiefe Trauer sie erfasst. Auch bei Erkrankungen der Psyche kommen sie mit diesem Teil ihrer selbst in Kontakt.
Ob bei Depressionen, oder anderen seelischen Erkrankungen, die Psyche muckt, wenn tiefergreifende Gefühle angesagt sind. Im Alltag jedoch haben wir selten damit zu tun. Wir schenken unsere Seele deswegen oft nicht den Respekt, den sie verdient.
Zwar sind Begriffe, wie Seele oder eben Psyche mittlerweile gesellschaftsfähig, dennoch sind nur wenige Menschen damit vertraut. Frauen deutlich mehr, als Männer. Frauen interessieren sich weit öfter für ihre Psyche, seelische Zusammenhänge und Psychologie. Sie lesen mehr zum Thema, und gönnen sich eher Therapien. Sie belegen Seminare, sprechen mit ihren Freundinnen über ihre Seelenzustände und nehmen ihre Psyche eher wahr.
Und obwohl seit mindestens 30 Jahren auch in Deutschland davon gesprochen wird, dass Körper und Seele eine Einheit bilden, hat dieses Wissen noch lange nicht alle Ecken der Gesellschaft durchdrungen. Auch die Naturheilkunde, die immer mehr Einzug gehalten hat, und von Haus aus die Psyche mehr einbezieht, hat daran nichts geändert. In der Homöopathie oder auch der chinesischen Medizin, spielt auch der Seelenzustand eine Rolle. Beides Bereiche, die mit in die Naturheilpraxis wirken.
Psychosomatik – Wenn die Seele den Körper beeinflusst
Trotz des verbreiteten Wissens um die Psychosomatik hat immer noch kein wirkliches Umdenken statt gefunden. In Krankenhäusern werden noch immer Menschen behandelt, als gäbe es nur deren Körper.
Die Seele spielt keine Rolle. Der Arzt in der Praxis forscht überwiegend nach körperlichen Symptomen, und glaubt noch immer, dass beispielsweise ein Kopfschmerz, der scheinbar keine physischen Ursachen hat, nicht existent, sondern eingebildet ist.
Es ist ein trauriges Phänomen, dass die Psyche ihrerseits scheinbar nur eine Rolle spielt, wenn sie sich als Krankheit in den Vordergrund drängelt. Dabei bräuchte die Psyche regelmäßig Aufmerksamkeit, und nicht erst, wenn sie muckt.
Oft genug hören wir tatsächlich so wenig auf unsere eigene Seele, dass diese erst einen Umweg über unseren Körper suchen muss, um Gehör bei uns zu finden.
Ein gutes Beispiel ist das Burnout. Solange die Seele Alarmzeichen sendet, wie Erschöpfung, verminderte Leistungsfähigkeit, oder ein Gefühl von: „Mir ist das zu viel.“, reagiert niemand. Erst, wenn der Mensch zusammenbricht, und auch deutliche körperliche Symptome zeigt, wird die Reißleine gezogen.
Die Crux mit der Psyche
Die Psyche ist ein sehr wichtiger Teil unseres Selbst. Sie ist es, die uns dazu bringt, so zu handeln, wie wir es nun mal tun. Geprägt von uralten Mustern und Erfahrungen lässt sie uns handeln, wie es unserer Persönlichkeit unter den gegebenen Umständen möglich ist.
Die Crux ist, dass wir häufig unbewusst handeln, und keinerlei Verbindung zu unserer Psyche haben. Ja, wir kennen uns häufig selbst nicht. Sind nur das Produkt, der von uns genossenen Erziehung. Dabei sind wir so viel mehr, und könnten uns immer weiter entwickeln.
Sich mit seiner Psyche zu beschäftigen, ist ein bewusster Prozess. Ein Prozess, bei dem es darum geht, sich selbst besser kennen zu lernen. Die eigenen Motivationen besser verstehen zu lernen, und dadurch auch bewusster zu handeln, kann dabei helfen, Alltagsfallen zu umschiffen.
Die Crux mit der Psyche ist nämlich, dass wir oft selbst erstaunt sind, wie wir in einer Situation gehandelt, oder reagiert haben. Vielleicht hat sich eine unbändige Wut Bahn gebrochen, die uns selbst überrascht hat. Oder wir haben aggressiver reagiert, als es für uns normal ist.
Die Kraft der Psyche
Immer noch nicht ist es selbstverständlich, die Psyche ins Leben mit einzubeziehen. Zwar blitzt das Bewusstsein über unsere Psyche hier und da durch, zum Beispiel bei der Kindererziehung, aber der Psyche wird immer noch nicht der Platz zugestanden, den sie verdient hätte.
Dabei ist die Psyche, – unsere Psyche das Steuer unserer Persönlichkeit. Sie steuert unser Sein. Unser Körper ist quasi ausführendes Organ, und wir können uns mehr als glücklich schätzen, wenn dieser reibungslos funktioniert.
Die Psyche jedoch ist das, was uns ausmacht. Sie ist nicht nur fühlen und denken, sondern auch Hinzulernen, Empathie haben und motiviert sein. Sie ist Intuition und Wahrnehmung und besteht aus Erfahrungen, Prägungen und Weiterentwicklung.
Unsere Psyche entfaltet eine ungeheure Kraft, die so viel mehr ist, als die eben aufgezählten Dinge. So können wir nachempfinden, wie es anderen in bestimmten Situationen und unter bestimmten Umständen geht, und Recht von Unrecht unterscheiden.
Mithilfe der Psyche können wir Handicaps überwinden, und körperliche Mängel wegstecken, indem wir uns geistig damit auseinander setzen. Sie hilft uns dabei, Ausgleich zu schaffen, und Zusammenhänge zu verstehen. Die Psyche kann uns jedoch auch nieder drücken. Uns negativ beeinflussen, und uns unser Leben schwer machen. Sie kann uns krank machen, und uns ein Leben lang quälen. Das passiert besonders dann, wenn wir in der Kindheit sehr negative Erfahrungen gemacht haben, und als Erwachsene niemals gelernt haben, loszulassen.
Depression – noch immer spricht man nicht darüber
Trotz aller Aufklärung spricht man immer noch nicht darüber, wenn man an Depressionen erkrankt ist. Schließlich ist das noch immer eine Krankheit, die gesellschaftlich abgelehnt wird. Man vertraut sich vielleicht guten Freunden an, aber in der Regel zieht man sich zurück und leidet im stillen Kämmerlein. Die Gesellschaft fordert gerade in der heutigen Zeit immer mehr „Gute Laune“, Power und Motivation. Alles Dinge, die ein Mensch, der an Depression erkrankt ist, nicht mitbringen kann.
Therapien sind immer noch verpönt
Ebenso ist in der breiten Masse immer noch der Gang zum Therapeuten verpönt. Man unterstellt der Person, die Therapie machen will, seelische Probleme. Dass diese Person jedoch auch aus ganz anderen Gründen von einer Therapie profitieren kann, scheint nicht bekannt. Therapien unterstützen die Persönlichkeitsentwicklung. fördern die Selbstliebe, und stärken das Selbstbewusstsein.
Es ist schlecht bestellt, um die gesellschaftliche Akzeptanz der Psyche. Immer noch. Trotz aller Fortschritte im Bereich der Psychologie. Das hat zur Folge, dass wir selbst unsere Psyche schlecht behandeln. Ihr nicht genügend Gehör schenken. Sie ignorieren. Ihr nicht den Wert beimessen, der ihr gebührt.
Wir leben, als hätten wir keine Psyche, bis diese um Hilfe ruft. Das sollten wir ändern.
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