Deine Bindungserfahrungen prägen dich
Frühkindliche Bindungserfahrungen
Bereits sehr früh in unserem Leben werden wir geprägt, durch das, was wir erleben. Das dürfte mittlerweile den meisten bekannt sein, die sich in irgendeiner Form für Psychologie interessieren. Dazu gehört die Art & Weise, wie wir Bindung an die uns betreuenden Personen erleben durften.
Unser Bedürfnis nach Bindung & Schutz scheint ein uns angeborenes Grundbedürfnis zu sein. Wir brauchen Menschen, denen wir vertrauen können, und die unser Bindungsbedürfnis ernst nehmen und liebevoll erwidern. Gerade, wenn wir uns nicht wohl fühlen, Angst haben, oder Beunruhigendes erleben, aber auch, wenn wir einfach „nur“ ein Bedürfnis nach Nähe und Wärme haben, benötigen wir das Gefühl, willkommen und richtig zu sein.
Wir dürfen nicht abgewiesen werden, oder das Gefühl bekommen, nicht gewollt zu sein. Es schadet uns, wenn wir genau in dem Moment, in dem wir unsere vertraute Bezugsperson am dringendsten brauchen, diese Nähe nicht haben dürfen.
Das heißt, wenn ein Baby, aus welchen Gründen auch immer, das Bedürfnis nach Nähe, Kuscheln, und Beschütztsein hat, sollte es die Erfahrung machen, dass seine Eltern, Großeltern und/oder Geschwister diesem Bedürfnis entsprechen können.
Denn die Erfahrungen im Bereich Bindung prägen den Menschen bis ins Erwachsenenalter und beeinflusst sein eigenes Beziehungsverhalten.
Wie drückt ein Baby seinen Wunsch nach Bindung aus?
Das Baby schreit, aus Angst, Schmerz oder einem unerfüllten Grundbedürfnis. Es lächelt die Bezugsperson an, um Kontakt herzustellen, oder aber es klammert sich unter Umständen fest an diese Person.
Ist es alt genug, krabbelt es zu seiner Bezugsperson. Es zeigt an, dass es auf den Arm will, und kuschelt sich an die Person, die in den ersten 6 prägenden Lebensmonaten seine Bezugsgröße war. Meist sind dies Vater und Mutter, Geschwisterkinder, oder andere nahe Familienangehörige.
Wichtig ist für das Kleinkind auch der Blickkontakt, mit dem es sich immer wieder versichert, dass die Kontaktperson abrufbar und aufmerksam ist. So fühlt es sich ermuntert und unterstützt.
Warum ist diese Bindung so wichtig?
Für das Baby ist es wichtig, diesen Halt durch die Familie zu erfahren. Diese Bindung stärkt sein Selbstbewusstsein, und lässt es Schritte machen, wie die umliegende Welt zu entdecken. Dies gelingt umso besser, je stabiler die Bindung zu den betreuenden Personen ist. Denn aus dieser Sicherheit heraus findet das Baby den Mut, sich auf Neues einzulassen, und weitere Erfahrungen zu sammeln. Schließlich hat es erfahren, dass es jederzeit in diese Sicherheit zurückkehren kann, falls es sich ängstigt oder die Fürsorge der betreuenden Person benötigt, um neue Erfahrungen zu verarbeiten.
Diese sichere Bindung bedeutet für das Kleinkind die Möglichkeit, sich darauf zu verlassen, dass die Bindungsperson zuverlässig und unabdingbar abrufbar ist, und genau dann verfügbar, wenn dieses Kind sie braucht. Hat das Kind in diesem Punkt schlechte Erfahrungen gemacht, so bedeutet dies, dass das Kind eben nicht sicher gebunden ist, und Instabilität in Bezug auf die Beziehung zu anderen Menschen erlebt hat.
Das Kleinkind, welches auf dem Foto das Wattenmeer entdeckt findet diesen Mut, weil es weiß, dass seine Eltern sicher erreichbar sind. Es wird sich durch wiederholte Blicke zur Bezugsperson immer wieder dessen vergewissern.
Bindungsstörungen im Babyalter
Was sind solche Störungen? Ein erstes Beispiel:
Es passierte einer ganzen Generation. Meiner Generation.
In den Erziehungsrichtlinien der damaligen Zeit hieß es, dass Babys fast den ganzen Tag schlafen. Wenn ein Kind sauber, trocken und gefüttert sei, habe man es abzulegen, und schlafen zu lassen.
Weinte das Kind, so hieß es: Das Kind ist sauber, trocken und gefüttert und hat also nichts. Würde man es trösten, so hieße das, man verwöhne das Kind. Es wolle fortan andauernd auf den Arm und getröstet werden.
Ein Kind, welches nachts schreie, habe man zu ignorieren, es würde sich auch wieder beruhigen. Man solle das Baby früh ins Bett legen und ein evtl. Schreien als Widerstand und sich Durchsetzen wollen seitens des Kindes begreifen. Man habe das also zu ignorieren.
So wurde eine ganze Generation nachts schreien gelassen. Und ja, es funktionierte. Die Kinder schrien, bis sie aufgaben. Sie erfuhren keinen Trost, keine Bindungssicherheit und keine Verlässlichkeit. Sie erlebten allein sein, verzweifelt sein, usw.
Eine der Folgen dieser mangelnden Bindungssicherheit sind Angststörungen. Weitere Folgen sind eine gewisse Beziehungsunfähigkeit, denn das so geprägte Kind kann als Erwachsener kein Vertrauen in den Beziehungspartner aufbauen. Abhängigkeitserkrankungen gehören genauso zu den möglichen Folgen, wie Borderline-Störungen oder Probleme mit der Impulskontrolle.
Weitere Beispiele
Aber auch ein unerwünschtes Kind kann mangelnde Bindung erfahren. Eltern, die ihr Kind vernachlässigen, entweder aus Desinteresse, oder weil sie selbst z.B. suchtkrank sind, können keine Bindungen zu ihren Kindern aufbauen. Emotional erschütterte Bezugspersonen, und/oder überforderte Eltern sind in der Regel nicht in der Lage, Babys und Kleinkindern das zu geben, was diese so dringend benötigen: Aufmerksamkeit, Liebe, Zuneigung, Kuscheleinheiten, Zuverlässigkeit, Berechenbarkeit in den Momenten, in denen das Baby es braucht.
Viele Eltern sind selbst vor geschädigt, emotional nicht stabil und haben ihre eigenen Päckchen zu tragen. Ihnen gelingt es kaum, den eigenen Kindern Stabilität und damit auch eine sichere Bindung angedeihen zu lassen.
Kinder, die diese sichere Bindung nicht erfahren haben, leiden darunter ihr Leben lang. Es prägt nicht nur ihre Kinderzeit, sondern setzt sich im Erwachsenenalter als Beziehungsmuster fort. Ihnen gelingt es kaum, ihrerseits stabile Beziehungen zu einem Beziehungspartner aufzubauen.
Sie werden häufig von Panikattacken heim gesucht, oder süchtig. Sie suchen ein Leben lang das, was sie einfach gesagt, in ihrer Kindheit nicht finden konnten: Stabilität und Zuverlässigkeit in einer Beziehung.
Mehr zum Thema in einem meiner kommenden Beiträge.
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