Beziehungsunfähigkeit und Beziehungsabbrüche
Wenn ein Mensch nicht in der Lage ist, eine Beziehung zu führen
Gerade Männern wird häufig unterstellt, dass sie nicht in der Lage seien, eine gute Beziehung zu führen. „Du bist beziehungsunfähig.“, mag schon so mancher Mann gehört haben.
Das passiert gerade dann, wenn sich ein Mann nicht wirklich und fest auf eine Frau einlassen will, obwohl die vorher leichte und lockere Beziehung auch von ihm genossen wurde. Er schien die Frau an seiner Seite so richtig gut zu finden, und fühlt sich in dem Moment, wenn es enger werden sollte, dennoch nicht in der Lage, eine feste Bindung zu ihr einzugehen.
Oder aber es passiert in einer längeren Beziehung, in der der Mann nicht in der Lage ist, auf seine Frau oder Partnerin einzugehen. Sein weibliches Pendant mag ihm dann das eine oder andere Mal Beziehungsfähigkeit unterstellen.
Beide Beispiele haben jedoch andere Hintergründe und sind nicht das, was ich unter Beziehungsunfähigkeit verstehe. Ich meine vielmehr eine Beziehungsunfähigkeit, die tiefliegende psychologische Gründe hat. Eine Beziehungsunfähigkeit, deren Wurzeln in der frühen Kindheit gelegt wurden.
Eine Beziehungsunfähigkeit, die nicht mit dem Kopf gesteuert werden kann, sondern unbewusst abläuft.
Unsichere Bindungen
Ich meine Menschen, unabhängig von deren Geschlecht, die Probleme damit haben, sich ganz und gar auf einen anderen Menschen einzulassen, seelisch an dessen Seite zu sein. Das sind oft Menschen, die in ihrer Kindheit keine sogenannten „sichere Bindungen“ erlebt haben.
Sie sind es, die ein Leben lang daran zweifeln, dass sich ein Mensch verlässlich auf sie einlässt, und denen es schwer fällt, sich selbst ganz einzulassen.
Lies‘ hierzu auch meinen Beitrag:
https://psychologica.de/deine-bindungserfahrungen-praegen-dich/
Sie leben in der ständigen Angst, dass eine mögliche Beziehung instabil sein wird, und deshalb nicht lange halten kann. Denn das sind ihre lebenslangen, leidigen Erfahrungen. Es folgen Beziehungsabbrüche.
Diese Menschen haben in ihrer frühen Kindheit keine stabilen und verlässlichen Beziehungen mit den Eltern erleben dürfen, und zweifeln deswegen unbewusst daran, dass es stabile Beziehungen überhaupt gibt.
Immer wieder scheitern als Lebensprinzip
Es sind die ewigen Scheiterer, die immer wieder Gründe dafür finden, warum eine Partnerschaft nicht gut genug (für sie) ist.
Die Menschen, die erleben, dass sie selbst nie gut genug für eine dauerhafte Beziehung sind. Persönlichkeiten, die eine neue Partnerschaft bereits nach kurzer Beziehung wieder verlieren, oder gar nicht erst finden.
Leidende Menschen, die eigentlich nur einen Wunsch haben: Eine gute und dauerhafte Beziehung zu einem liebenden Menschen einzugehen. Etwas, dass ihnen einfach nicht gelingen will, obwohl doch um sie herum so viele Paare ihr Glück scheinbar so lange miteinander teilen.
Diese Unfähigkeit zeigt sich u.a. darin, dass sie oft zwei Schritte vor, und wieder einen zurück machen. Immer gesteuert von den eigenen tiefverwurzelten Erfahrungen, dass Bindung nicht funktioniert.
Wie kann man sich auch einlassen, wenn man als Kleinkind erlebt hat, dass die wichtigste Person, die Person, von der das eigene Leben abhing, nicht zuverlässig für einen da war?
Wenn man gelitten hat, weil man keine Verbindlichkeit erfahren hat? Wenn die Eltern mit sich selbst zu tun hatten, süchtig waren, oder einfach „nur“ nicht da. Nicht greifbar, wenn das Kind dringend die Nähe zum Elternteil benötigte, Angst hatte, oder es ihm aus anderen Gründen nicht gut ging und Schutz suchte?
Oft suchen Menschen, die niemals eine sichere Bindung zu den Eltern erfahren haben, genau diese bei einem potentiellen Partner. SIE suchen die große und bedingungslose Liebe bei ihm. Dass dieser jedoch schnell überfordert reagiert, gehört genauso dazu, wie die Überfrachtung einer Liebesbeziehung mit den eigenen Gefühlen, die ungebremst fließen.
Man will ganz viel geben, und noch mehr bekommen. All das unbewusst nachholen, was damals so sehr gefehlt hat. Man sucht nach Verbindlichkeit, und kann sie doch selbst kaum herstellen. Man bietet Wankelmut, erwartet jedoch Verlässlichkeit beim Gegenüber. Das muss einfach schief gehen.
Das Ende einer Beziehung
Entweder der Beziehungspartner, egal ob weiblich oder männlich, kündigt die Beziehung auf, oder man selbst schmeißt alles hin, weil man wieder nicht das bekommt, was man sich erhofft.
Solche Beziehungsabbrüche sind schmerzhaft, denn sie sind oftmals übereilt und resolut. Man ist nicht in der Lage, dem Partner zu schildern, was der Grund für die Trennung ist, weil man sich dieser unseligen Gefühle eben nicht bewusst ist.
Da kann es schon mal sein, dass man einfach untertaucht. Keinerlei Kontakt mehr zulässt. Aus Verzweiflung über ein weiteres Scheitern. Mag sogar sein, dass man noch Gefühle für den anderen hat, aber das macht die Angelegenheit noch schwieriger.
Zurück bleiben zwei verzweifelte Menschen
Gerade dann, wenn die Beziehung frühzeitig aus dem Ruder gelaufen ist, bleiben gleich zwei Menschen auf der Strecke. Sie hatten gar nicht die Chance, die gemeinsame Partnerschaft solange zu leben, bis der Alltag sie fest in den Griff nahm. Sie konnten sich nicht entlieben, oder jeder seines Weges gehen. Die beiden blieben nur solange zusammen, bis sie frühzeitig scheiterten. Die Beziehungsunfähigkeit des einen, oder sogar beider sorgte dafür. Zurück bleibt tiefe Trauer und Verzweiflung.
Was so wundervoll begann, scheiterte meist in einem recht frühen Stadium und das tut unendlich weh. Schließlich muss man sich von allen Hoffnungen verabschieden, und etwas loslassen, was glücklich begann.
Natürlich können auch Beziehungen aus ähnlichen Gründen scheitern, die länger gedauert haben. Vielleicht hat der Beziehungspartner lange erduldet, was ihm eigentlich bereits zu Beginn zu viel war. Vielleicht konnte er zunächst dem eigentlich bindungsunfähigem Gegenüber das geben, was dieser so dringend brauchte.
Nur, irgendwann ist Schluss, denn der Bedürftige ist gefräßig. Das wird irgendwann auch dem Menschen zu viel, der bereit war, unendlich viel zu geben. Die Beziehungsunfähigkeit siegt, während der bindungslose Mensch verliert.
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