Richtig reagieren auf die Kritik eines anderen.
Wenn einer Unmut äußert….
… dann sind wir häufig ganz schnell dabei, zurück zu schlagen. Und wie machen wir das am Besten? Wir hauen dem Gegenüber unsererseits all das um die Ohren, was wir schon lange mal los werden wollten. Alle Kritik, die uns einfällt, lassen wir auf einmal auf unseren Gesprächspartner hernieder prasseln. Eskalation ist so garantiert.
Unabhängig davon, was der andere tatsächlich sagt, hören wir ganz schnell Kritik. Kritik wiederum erschüttert unsere Grundfesten. Kritik tut uns weh. Sie erschüttert uns. Immer dann, wenn wir sowieso schon Selbstzweifel haben, ist es am Schlimmsten. Wir hören, wir seien nicht in Ordnung. Glauben, derjenige, der uns kritisiert, habe prinzipiell etwas gegen uns. So machen wir umgehend dicht, und gehen nicht auf unser Gegenüber ein.
Derartige Kritik verstärkt nämlich unsere Selbstzweifel. So geht es ganz plötzlich gar nicht mehr darum, was uns das Gegenüber mitteilen wollte, sondern viel mehr darum, was wir, geprägt durch unser mangelndes Selbstbewusstsein, zu hören glauben.
Wir hören Ablehnung. Wir hören, wir seien nicht gut genug. Wir hören, dass wir kritisiert werden müssen, weil wir Dinge falsch machen. Wir hören, dass es nie genug ist, was wir leisten. Diese Liste könnte man noch lange fortsetzen. Wenn wir überlegen, haben wir unsere eigenen Sätze, die wir ergänzend anfügen könnten.
Vermutlich haben wir zudem nie gelernt, adäquat mit Kritik umzugehen. Kritik annehmen will nämlich gelernt werden. Nur, wer es gelernt hat, Kritik nicht als vernichtendes Werturteil über sich selbst zu verstehen, hat eine Chance, einen guten Umgang mit Kritik zu lernen. Wichtig ist natürlich auch, an seinem eigenen Selbstwertgefühl zu arbeiten. Wer nämlich ein gutes Selbstwertgefühl hat, der nimmt Kritik an, und reagiert der Kritik entsprechend. Alle anderen können sich auf den Weg machen.
Zunächst müssen wir lernen, dass Kritik uns nicht zerstört, sondern stärker macht. Schließlich ist es die Kritik, die uns ermöglicht, uns weiter zu entwickeln. Lernen wir also, die Kritik als „Entwicklungshelfer“ willkommen zu heißen.
Natürlich ist es zunächst wichtig zu unterscheiden, ob von unserem Gesprächspartner konstruktive (d.h. förderliche und für uns hilfreiche) Kritik äußert, oder destruktive, also zerstörerische Kritik. Für Menschen mit mangelndem Selbstwertgefühl ist das vielleicht die schwierigste Aufgabe überhaupt.
Hier hilft uns wieder beobachten. Mit welcher Motivation hat der Andere dies gesagt? War er dabei unbändig wütend, extrem ärgerlich, oder machte er ein neutrales Gesicht? Wer aus einer massiven Wut heraus spricht, die nicht dem Inhalt der Äußerung zu zuordnen ist, wird kaum konstruktive Kritik äußern. (Dieses Thema greife ich bei Gelegenheit in einem eigenen Beitrag auf.) Es gibt allerdings auch Kritik, die weder sonderlich destruktiv noch besonders konstruktiv ist.
Wenn wir also Kritik hören, dann versuchen wir ruhig zu bleiben. Tief durch zu atmen. Wir versuchen die Kritik anzunehmen, und zu überlegen, ob wir sie, oder Teile davon annehmen können. Ob der Kritiker evtl. recht hat, mit dem, was er sagt. In diesem Moment machen wir uns des Weiteren klar, dass unser Gegenüber uns mit Worten zu erreichen versucht. Also versuchen wir zu verstehen, was, und warum er das sagt, was er sagt. Hier ist wieder Mal Empathie gefragt, die bekanntlicherweise das Leben ja vereinfacht.
Ein Beispiel: Meine Partnerin sagt mir, ich hätte schon wieder überall meine Wäsche herum liegen lassen. Davon sei sie genervt, weil sie immer hinter mir herräumen müsse. Im Übrigen sei sie nicht meine Mama, und hätte keine Lust meine Faulheit zu unterstützen.
Adäquat reagiere ich nun folgendermaßen: Ich lasse die Worte verklingen, und hole tief Luft. Ihren Ärger ordne ich dem Inhalt des Gesagten zu. Ihr Ärger zeigt mir, dass dies ein Thema ist, was sie ernsthaft beschäftigt. Ich denke über das Gesagte nach, und merke: Ja, sie hat recht. Ich habe meine Sachen wieder überall herum liegen lassen. Natürlich mache ich das nicht, damit sie aufräumt. Allerdings ärgere ich mich darüber, dass sie das als Faulheit auslegt.
Nun könnte ich entsprechend reagieren: Ja, du hast Recht, ich lasse meine Sachen überall herum liegen. Das ist für mich ein Stück Freiheit. Da ich aber einsehe, dass du dich genötigt fühlst, hinter mir herzuräumen, werde ich zukünftig die Verantwortung selbst übernehmen, und darauf achten, meine Kleidung in den Wäschekorb zu bringen. Dass du allerdings sagst, ich sei faul, verletzt mich. Dem widerspreche ich. Ich leiste viel und möchte, dass du das anerkennst. Auch den Vergleich mit meiner Mama finde ich völlig daneben. Ich bin dein Partner und du meine Partnerin. Nicht mehr, und nicht weniger.
Du siehst, es gibt viele Möglichkeiten, vernünftig zu reagieren. Wenn du es also schaffst, die Kritik deines Gesprächspartners ernst zu nehmen, und als das zu sehen, was es ist, nämlich als einen Versuch, eine Situation subjektiv zu verbessern, dann kannst du nicht nur ruhig und vernünftig darauf eingehen, sondern viel mehr eine Eskalation und Streit vermeiden.
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