Herr Watzlawick und der Hammer
Es sind unsere Gedanken, die uns quälen
Wer kennt sie nicht, die Geschichte von dem Hammer aus Paul Watzlawicks wundervollem Buch: „Anleitung zum Unglücklichsein“? Zur Erinnerung: In dieser Geschichte geht es sinngemäß um folgendes: Ein Mann, möchte an der Wand ein Bild aufhängen, hat jedoch keinen Hammer, um den Nagel in die Wand zu bringen. Also beschließt er, sich selbigen von seinem Nachbarn auszuleihen.
Auf dem Weg zum Nachbarn gehen diesem Mann viele Dinge durch den Kopf. Er überlegt u.a., dass es ja sein könne, dass der Nachbar ihm seinen Hammer gar nicht leihen will, weil er ihn nicht mag. Was wäre, wenn dieser nur nett täte, usw.
So macht er sich viele negative Gedanken, und schaukelt sich innerlich immer weiter hoch. Er leidet unter seinen eigenen Gedanken und wird immer aggressiver. Die Geschichte krönt darin, dass er an der Nachbarstür klingelt, und seinem freundlichen Nachbarn einen weniger freundlichen Satz ins Gesicht schleudert: „Behalten Sie doch Ihren Scheiß-Hammer.“
Diese bekannte Erzählung zeigt, wie sehr wir unseren eigenen Gedanken ausgesetzt sind, und wie stark diese uns und unser Befinden beeinflussen können. Sie zeigt weiterhin auf, dass wir häufig selbst die Ursache für schlechtes Befinden sind, da wir unbeeinflusst von unserer Umwelt, dazu neigen können, uns negative Gedanken zu machen.
Was können wir aus dieser Geschichte lernen?
Gedanken entstehen in uns selbst, und sind nicht unbedingt und zuverlässig ein Abbild der Realität. Wie im Beitrag der letzten Woche bereits erwähnt, kann uns unsere Psyche etwas vortäuschen. Wir glauben dann zwar sicher zu sein, dass das, was wir empfinden richtig ist, aber in Wirklichkeit ist es eine Interpretation der Wirklichkeit. Diese Interpretation geschieht aufgrund von bestimmten Vorerfahrungen, Prägungen und oft eines mangelnden Selbstbewusstseins.
Wir müssen uns selbst also in Frage stellen, und immer wieder unsere Einschätzung mit der unserer Umwelt abgleichen. Stimmt es wirklich, was ich denke und empfinde? Oder bin ich auf dem Holzweg? Habe ich mit meinen Befürchtungen und negativen Gedanken recht, oder entstehen diese in meinem tiefsten Inneren, und bilden nicht die wahren Geschehnisse ab?
Ich muss also überlegen und prüfen, ob ich mir selbst und meinen Eindrücken trauen kann. Statt also meinen eigenen Gedanken nachzugeben, und sie als in Stein gemeißelt zu erleben, kann ich bestenfalls nachfragen, ob meine Befürchtungen tatsächlich begründet sind.
Dieses Nachfragen, vielleicht auch erst einmal nachforschen, ist für unselbstbewusste Gemüter häufig schwierig, aber auch die einzige Chance, schnell aus der Abwärtsspirale heraus zu kommen. Wer sich also nicht traut, das Thema direkt anzusprechen, wie z.B. so: „Ich habe den Eindruck, du magst mich nicht besonders, weil… (hier könnte die Begründung für diesen Eindruck genannt werden…), der kann sich langsam vortasten, indem er andere Menschen, z.B. im beruflichen Umfeld Kollegen fragt, ob diese seinen Eindruck bestätigen können.
Frage, Aussage: „Ich habe den Eindruck, Frau Meyer mag mich nicht, weil sie mich immer sehr kritisch ansieht.“ Antwort 1: „Ach, das macht sie bei mir auch, und bei den anderen Kollegen auch, es ist ihre Art, aber sie meint es nicht so.“ Alternativ-Antwort: „Das ist mir auch schon aufgefallen, Sie reagiert wirklich merkwürdig auf dich.“
Wenn Kommunikation aus dem Ruder läuft
Kennst du Menschen, die aus Prinzip etwas anderes verstehen, als du es gesagt hast? Dann kann es daran liegen, dass diese Menschen deine Worte einfärben und Fehlinterpretationen unterliegen. Ich zitiere an dieser Stelle gern das von mir sogenannte Tomatenbeispiel:
Eine Frau war auf dem Markt, und hat Tomaten gekauft. Abends isst sie diese mit ihrem Partner. Dieser lässt die Bemerkung fallen, dass die Tomaten nicht so gut schmecken. Sie antwortet daraufhin schnippisch: „Die habe ICH ja auch gekauft.“ Natürlich hat ihr Partner keinen Seitenhieb auf ihre Fähigkeit, gutschmeckende Tomaten auszusuchen, gestartet, sondern einfach nur festgestellt, dass die Tomaten (ihm) nicht schmecken.
Dennoch ist durch ihr Missverstehen nun ein Streit vorprogrammiert, denn ihre Bemerkung ärgert ihn. Er hat das Gefühl, sie unterstelle ihm etwas.
Falls du also mit einem Menschen in deiner näheren Umgebung konfrontiert bist, z.B. deinem Mann oder deiner Partnerin, der dazu neigt, ähnliche Missverständnisse zu erzeugen, dann zeige ihm am besten meinen Beitrag.
Solltest du nämlich versuchen, dieser Person zu erklären, dass du die dir unterstellte Sache weder gesagt, noch gedacht, noch gemeint hast, wirst du sie kaum mit deinen Worten überzeugen. Schließlich glaubt sie sich selbst deutlich mehr, als dir. Ihr kommen unter Umständen keinerlei Zweifel, dass sie einer Fehlinterpretation aufgesessen ist. Dazu müsste sie wissen, dass ihre Psyche sie auf das Glatteis führen kann. Dass das, was wir wahrnehmen oder hören zu glauben, nicht immer das ist, was die Realität widerspiegelt, oder wir Sätze im Kontext eigener Bedeutungen verstehen.
Herr Watzlawick ist pragmatisch, und nennt diese Verhaltensweisen Verhaltensweisen, die unglücklich machen. Eben weil die Annahmen auf Befürchtungen, und nicht auf der Realität beruhen. Steuere ich also meine Gedanken in eine andere, positive Richtung, werde ich sicher deutlich zufriedener. Und überhaupt: FALLS mein Partner mir sagen möchte, dass er tatsächlich der Meinung ist, dass ich dieses oder jenes nicht gut gemacht hätte, dann kann er mir das direkt und ohne Umschweife sagen. Unsere Kommunikation wäre infolgedessen klar, und unmissverständlich, und ich könnte mich darauf verlassen.
Die Crux an diesen Problemen jedoch ist, dass der Gesprächspartner so gut, wie keine Chance hat, etwas zur Klärung beizutragen. Sagt z.B. deine Freundin zu dir: „Keiner mag mich.“, und du hast wirklich das Bedürfnis, ihr mitzuteilen, dass du sie aus diesen und jenen Gründen sehr wohl magst, und sie sogar toll findest, kann es sein, dass sie antwortet: „Das sagst du jetzt nur, weil ich vorher gesagt habe, das mich keiner mag. Deswegen kann ich dir das nicht glauben.“ Oder sie verbietet dir schon im Vorwege den Mund mit dem Argument, dass sie dir sowieso nicht glauben könne. So bleibst du also machtlos ihren Fantasien ausgeliefert.
Herr Watzlawick hätte seine Freude an dieser Art innerer Monologe, denn sie sind es, die garantiert dafür sorgen, dass du dich weiterhin unglücklich fühlst, und auch noch dein Gegenüber involvierst.
Keiner hat den Streit begonnen
Das Tragische an dieser Art von Missverständnissen ist, dass beide Partner sicher sind, einen möglichen Streit nicht verursacht zu haben. Immerhin hat keiner von beiden angefangen zu streiten. Der Gesprächspartner, der glaubt, im Gespräch negativ angesprochen worden zu sein, schlägt nämlich vermeintlich zurück. Der Sender hingegen ist sich sicher, dass er nichts provozierendes gesagt hat. Klärung gibt es in diesem Momenten kaum.
Klären kann man diese Missverständnisse nur durch ein tieferes Verständnis der Psyche. Damit will ich sagen, man sollte sich mithilfe eines Therapeuten ansehen, was man da macht, und wie diese Dinge entstehen. Über geführte Selbstreflexion kann man erkennen, woher diese Neigung zu Fehlinterpretationen kommt, und lernt, was man dagegen unternehmen kann.
Ich werde mal schauen, ob ich mit der Zeit noch einige treffende Beispiele sammeln kann, und wenn ja, werde ich diese beizeiten hier als eine Art Beispielsammlung anhängen.
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