Gewaltfreie Kommunikation – Teil 2 – Empathie
Mit dem empathischen Zuhören fängt alles an.
Wie höre ich empathisch zu?
Schauen wir uns das Foto der beiden Mädchen einmal genauer an. Obwohl sie eher neben einander, als einander gegenüber sitzen, sind ihre Körper der Freundin zugewandt.
Beide wirken sehr aufmerksam und interessiert Ihre Körpersprache ist stimmig. Das ist eine gute Voraussetzung für ein empathisches Gespräch.
Interesse und Aufmerksamkeit zeigen
Ich signalisiere meinem Gegenüber also mein Interesse an seiner/ihrer Person und wende meine volle Aufmerksamkeit meinem Gesprächspartner zu. Damit signalisiere ich meine Gesprächsbereitschaft. Ich sorge dafür, dass wir möglichst nicht gestört werden. Auch durch mein Smartphone lasse ich mich nicht ablenken, sondern lege es möglichst so hin, dass ich es nicht sehe.
Diese Art der Aufmerksamkeit und Zuwendung unterstützt mein Gegenüber dabei, mir seine Gefühle anzuvertrauen. Ein Mensch öffnet sich leichter, wenn er das echte Interesse seines Gegenübers spürt.
Während mein/ Gesprächspartner/in redet, schenke ich ihr/ihm also meine ungeteilte Aufmerksamkeit. Ich höre, was gesagt wird, und beobachte möglichst wertfrei die Gesprächssituation. Da mein Gegenüber ein Anliegen hat, nehme ich mich „raus“, d. h., ich bin innerlich ganz beim Redner.
Die gesprochenen Worte beziehe ich möglichst nicht auf mich, sondern bleibe gefühlsmäßig ganz beim Gesprächspartner. Er, bzw. sie ist es, die seine/ihre Gefühle zum Ausdruck bringen möchte.
Falls ich mich dennoch angegriffen fühle, beobachte ich dieses, oder andere aufkeimende Gefühle, und nehme sie ohne Abwertung meines Gesprächspartners oder meiner Selbst zur Kenntnis. (In einem späteren Stadium des Gesprächs kann ich versuchen, über Selbstreflexion heraus zu bekommen, was mich in Aufruhr versetzt hat.)
Die redende Person hat Vorrang
Ich bleibe gefühlsmäßig ganz bei meinem Gegenüber. Sehe dessen Gefühle im Vordergrund, und auch als Ausdruck seines Empfindens. Das macht es mir leichter, meine Gefühlsregungen außen vor zu lassen.
Mit einfühlsamen Fragen, wie: „Warum ärgert dich das?“, oder „Was löst das bei dir aus?“, versuche ich, das Gespräch voran zu bringen. Eigene Gefühlsregungen äußere ich zu diesem Zeitpunkt nicht, da ich mich in der Rolle des Zuhörers befinde.
Manchmal ist es nicht ganz leicht, sich durch die Worte seines Gegenübers nicht betroffen zu fühlen. Ganz besonders dann, wenn eine enge Beziehung, z.B. eine Partnerschaft besteht. Es bedarf viel Übung, gewaltfrei zu zuhören.
Sagt also mein Gegenüber beispielsweise: „Es tut mir weh, dass du mit deinem Freund ins Kino gegangen bist, und ihr euch einen Film zusammen angeschaut habt, den ich gern mit dir gesehen hätte.“, dann neigen wir schnell dazu, sofort zu widersprechen, bzw. einen Einwurf zu machen, der das Gespräch stört. Einfach, weil wir uns angegriffen fühlen.
Wir bemühen uns trotzdem, nur auf die Gefühle des Anderen zu achten, und diese wichtig zu nehmen.
Mögliche Verhaltensweisen
Empathisches Zuhören würde mich dazu bewegen, meine Entgegnungen zu unterlassen, und lieber nachzufragen, warum es meiner Partnerin so wichtig gewesen wäre, diesen Film mit mir zu schauen.
Das gibt ihr die Chance, ihre Gefühle weiter auszudrücken, während wir uns nicht in einem Streit verhaken.
Ich könnte ebenfalls meine Anteilnahme bekunden, und äußern, dass ich verstehe, dass sie verletzt ist, und ich bereit wäre, den Film nochmals mit ihr zu schauen.
Wichtig beim empathischen Zuhören ist, dem Anderen das Gefühl zu geben, Ernst genommen zu werden, indem, was er gefühlsmäßig äußert. Wenn ich also meinem Gesprächspartner zeigen kann, dass ich ihn verstehe, so lenke ich das Gespräch in eine lösungsorientierte Richtung, da ich seine Gefühle empathisch nachvollziehen kann.
Würde ich hingegen äußern, dass sei doch nicht so schlimm, mein Gegenüber solle sich nicht so anstellen, kann ich sicher sein, dass es zum Streit kommt. Ebenso wenig sinnvoll sind sachliche Vorschläge, wie: „Schaue du dir den Film doch mit deiner Freundin an.“. Schließlich würde ich damit zeigen, die Gefühle nicht verstanden, bzw. akzeptiert zu haben. Das würde die bereits vorhandene Verletzung noch schlimmer machen. Verständnis zeigen hilft.
Empathisches Zuhören ist Teil der ersten Grundregel „Beobachten“ der gewaltfreien Kommunikation.
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