Gewaltfreie Kommunikation in der Beziehung – Teil 1
Wie kontroverse Gespräche gelingen können
„Am Anfang war das Wort …“ – auch ich fange immer wieder gern mit diesen Worten meine Beiträge an. Nicht nur, weil Menschen von jeher das Bedürfnis hatten, sich auszutauschen, und miteinander zu kommunizieren, sondern weil Worte wichtig sind. Worte helfen uns einander zu verstehen.
Zumindest dann, wenn wir uns bemühen, denn dass, was der Sender sendet, ist noch lange nicht das, was beim Empfänger auch tatsächlich ankommt.
Da das Wort am Anfang jeder Kommunikation stand, gab es vermutlich auch schon immer Missverständnisse und Meinungsverschiedenheiten, einfach, weil 2 Individuen sich miteinander austauschen, und verschiedene Vorstellungen von der Welt haben. So kommt es leicht dazu, den Worten, die im Raum stehen, unterschiedliche Bedeutungen beizumessen.
Da Sender und Empfänger von unterschiedlichen Erfahrungen geprägt sind, und vermutlich auch über verschiedene Sprachgewohnheiten verfügen, ist es nicht leicht, einander richtig zu verstehen. Helfen tut an dieser Stelle nur das Nachfragen: „Habe ich das richtig verstanden, dass…“
Wie schwierig muss das erst sein, wenn es um brandheiße Themen geht? Themen, die Streitpotential beinhalten, weil beide Partner unterschiedlicher Meinung sind?
Bei einem Streit kochen schnell die Emotionen hoch, und jeder glaubt zu wissen, was der Andere zu sagen hat. Man fällt sich ins Wort, reagiert gereizt und verärgert, und das Zuhören fällt einem schwer, usw.
Hier spätestens setzt die gewaltfreie Kommunikation ein, obwohl sie eigentlich ständiger Begleiter in jedem Gespräch sein sollte. Dazu müsste sie allerdings vorher eingeübt werden, um sie regelmäßig anzuwenden.
Nach Marschall B. Rosenberg, einem mittlerweile verstorbenen amerikanischem Psychologen, der das Konzept zur gewaltfreien Kommunikation entwickelte, gibt es 4 Schritte, die zu einer gelingenden Gespräch führen.
1. Beobachtung
Ich beobachte die Situation, den Konflikt oder Streit, und versuche ruhig zu bleiben, was mir sicherlich schwer fällt, wenn ich kurz davor bin, in die Luft zu gehen. Dennoch bemühe ich mich, das Geschehene, die Worte meines Gegenübers, das Thema möglichst wertfrei anzuschauen, und zu verstehen. Ich werte nicht ab, weder mich selbst, noch mein Gegenüber, und mache keine negativen Bemerkungen. Meine Beobachtungen teilen ich mich meinem Gesprächspartner mit.
2. Gefühl
Ich fühle nach, was der Konflikt, die Worte meines Gegenübers mit mir machen. Verletzen mich die Worte, machen sie mich wütend, oder welche anderen Gefühle lösen diese in mir aus? Über Selbstreflexion komme ich mir selbst ein Stück näher, und ergründe, welche Gefühle in mir vorherrschen, und weshalb. Nun bin ich in der Lage, meinem Gegenüber meine Gefühle mitzuteilen.
3. Bedürfnis
Ich versuche zu ergründen, welche Bedürfnisse hinter meinem Ärger, meiner Wut, meiner Traurigkeit stecken. Sie mache ich mir bewusst, um mich auch so besser kennen zu lernen. Meine Bedürfnisse sind eng mit meinen Gefühlen verbunden und bedingen aneinander. Es sind meine Bedürfnisse, die wichtig sind, und hinter den Äußerungen, wenn überhaupt oft nur hindurch schimmern. Diese Bedürfnisse äußere ich.
4. Bitte
Nachdem ich meine Bedürfnisse dargestellt habe, äußere ich eine Bitte. Dies tue ich in einer „positiven Handlungssprache“. Das bedeutet, dass ich deutlich formuliere, um was ich mein Gegenüber bitte. Ich treffe KEINE Aussagen, die verallgemeinernd und negierend formuliert sind. („Ich will nicht immer von dir ignoriert werden.“ Stattdessen: „Bist du bereit, dies … und jenes … für mich zu tun, daran merke ich, dass du mich nicht ignorierst.“)
Ich unterscheide dabei zwischen Bitten und Wünschen. Bitten sind konkrete, ausführbare Handlungen, (Bsp.: „Bitte rufe mich an, wenn du später kommst.“) Wünsche sind eher vager, allgemein gehaltener. (Bsp.: „Ich wünsche mir, dass du zukünftiger weniger kritisch bist.“)
Bitten haben größeren Chancen auf Erfüllung, da sie im Normalfall konkreter sind, Wünsche sind sehr viel schwieriger zu erfüllen, und dadurch haben diese weniger Chancen auf Erfolg.
So weit Rosenberg.
Die Basis jeden Gesprächs sollten Zugewandtheit und der Wunsch nach gegenseitigem Verständnis sein. Empathie hilft dabei in hohem Maße, den Gesprächspartner zu verstehen, und dessen Wünsche und Gefühle nachzuvollziehen.
Um das Gefühl zu vermeiden, sich angegriffen zu fühlen, hilft auch hier die Nachfrage. „Wie hast du das … gemeint?“
Man muss sich selbst schon gut kennen, und immer wieder durch Selbstreflexion selbst erforschen, um Streitauslöser, wie eben sich angegriffen fühlen, und vermeintlich zurück schlagen zu müssen, zu vermeiden.
Gerade bei einem Thema mit Konfliktpotential ist es wichtig, nicht zusätzlich Nebenschauplätze zu eröffnen, die durch Missverständnisse entstehen.
Mehr dazu in weiteren Beiträgen…
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