Empathie spielerisch lernen
Wie schaffe ich das?
Zunächst sollten wir uns darüber im Klaren sein, was Empathie überhaupt bedeutet.
Empathie bedeutet nicht nur, dass ich mich in die Gefühle eines anderen Menschen hinein versetzen kann. Es bedeutet darüber hinaus, dass ich mich für den Moment der Empathie von mir selbst loslöse und meiner eigenen Denkweise.
Ich versetze mich gefühlsmässig in die andere Person und versuche zu erfassen, warum sie so, und nicht anders reagiert.
Erfahrungen, Hintergrund & Lebenseinstellung empathisch berücksixhtigen
Dazu muss ich deren Hintergrund, Erfahrungen und Lebenseinstellungen berücksichtigen. Das bedeutet, ich interpretiere die Gefühle dieses Menschen, indem ich mich in dessen Gefühlswelt einfühle. Meine eigenen Gefühle spielen im Moment der Empathie keine führende Rolle.
Ein Beispiel:
Die Mutter einer Kollegin ist verstorben, worauf sich die Kollegin 1 ganze Woche krank meldet. Du kannst das weder verstehen, noch nachvollziehen. Schließlich hielt sich deine Trauer in Grenzen, als deine Mutter vor 2 Jahren starb. Ihr zwei hattet kein sonderlich gutes Verhältnis, da sie euch verlassen hatte, als ihr noch sehr klein wart.
Löst du dich nun kurz von deinen eigenen Gefühlen los, erinnerst du dich vielleicht daran, dass deine Kollegin mit ihrer Mutter sehr innig war. Die Mama war ihr eine große Stütze gewesen Nun doch nachvollziehbar, dass der Schmerz deiner Kollegin maßlos sein muss. Kein Wunder, dass sie vor Kummer erkrankt ist. Dir gelingt es so, empathisch zu deiner Kollegin zu schauen.
Uns ist ein Grundgerüst an Empathie & Mitgefühl mit in die Wiege gelegt worden. Deswegen fällt es uns leicht, die großen Gefühle einzusortieren. Schließlich wurden wir ebenfalls mit der Fähigkeit zu diesen Gefühlen ausgestattet.
Problemlos erkennen wir Trauer oder Glück. Kompliziert wird es erst, wenn wir andere Gefühle verstehen müssen. Gefühle, die wir einsortieren müssen. Gefühle, die wir interpretieren müssen.
Hat sie Bauchschmerzen, oder hält sie sich den Bauch vor Lachen, Denkt sie nur nach, oder hat sie Kopfschmerzen?
Oft genug sind wir zu sehr mit uns selbst beschäftigt, so dass wir überhaupt nicht auf die Anzeichen unseres Gegenübers achten.
Um empathisch zu sein, brauchen wir mehr, als reine Beobachtungsgabe. Wir benötigen auch das Bewusstsein darüber, das Gefühle von Mensch zu Mensch verschieden, und nur im Kontext dieser Person zu verstehen sind.
Es ist wichtig, sich wirklich einzufühlen und die unterschiedlichsten Informationen zum Verstehen der Gefühle heran zu ziehen. Eigene Bewertungen, Beurteilungen und/oder eigene Gefühle spielen keine tragende Rolle, wenn wir uns wirklich einfühlen wollen.
Es geht um Fragen, wie:
- Wie fühlt sich der andere Mensch?
- Weshalb fühlt er so, wie er fühlt?
- Wie würde ich an seiner Stelle fühlen?
- Welche Umstände begleiten diese Gefühle?
- In welchem Kontext stehen sie?
Empathie bedeutet: Ich sehe die Welt mit den Augen der Person, in die ich mich einfühle.
Üben üben üben
Üben kann man das in einem ersten Schritt am Ehesten, indem man Menschen beobachtet und dabei seiner Fantasie freien Lauf lässt.
Gut geeignet z. B. ist dafür ein Ort, an dem man sich ‚problemlos aufhalten, und andere Menschen über einen gewissen Zeitraum unauffällig beobachten kann.
Cafés, Restaurants, Bahnhöfe etc sind gut geeignet, weil sich dort in der Regel viele Menschen aufhalten.
Mache ein Spiel daraus. Das funktioniert übrigens auch zu zweit. „Was mag der Mann dort drüben fühlen, der gerade der Frau zuhört?“ Wie schaut er, welche Gesten macht er, was drückt seine Körperhaltung aus?
Lass‘ deiner Fantasie freien Lauf, und sammle möglichst viele Informationen, die deine These stützen.
Bei dieser Übung kommt es im Übrigen nicht so sehr darauf an, die wirklichen Gefühle zu erahnen, sondern viel mehr darauf, mögliche „Beweise“ für die eigene Vermutung zu finden.
Hier geht es um Schlüssigkeit. Darum, zu spüren, was man alles heran ziehen kann, um die Gefühle des anderen zu verstehen.
Bei obigen Bild würde ich beispielsweise vermuten, dass die sitzende Person weiblich ist, und relativ jung. Die Figur und Jeans lassen mich darauf schliessen .
Sie ist allein, und scheint angespannt zu sein, da sie sehr aufrecht sitzt. Der Ort scheint mir keiner zu sein, an dem man sich allein entspannt.
Würde ich die vermutlich junge Frau in Wirklichkeit sehen, könnte ich Ihren Gesichtsausdruck zur Hilfe nehmen. Die Zeit, in der sie dort meinen Beobachtungen nach, bereits sitzt. Vielleicht würde ich sehen, dass sie wiederholt auf die Uhr schaut.
Ich denke. sie wartet auf jemanden, wurde vielleicht sogar versetzt.
Wie gesagt, es kommt in diesem Fall nicht so darauf an, was wirklich ist, sondern mehr darauf, dass ich übe und meine Fantasie aufgrund von zu beobachtenden Tatsachen schule.
Übe immer, wo du auch bist, im Wartezimmer, in der Bahn, im Beruf. Du wirst merken, wie deine Beobachtungsgabe zunimmt, und du immer besser im Interpretieren wirst. Versetze dich so oft wie möglich in die Gefühlslage anderer Menschen.
Du wirst sehen, deine Fähigkeit zur Empathie wächst.
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