Leben mit einem Narzissten – Teil 5
Die Auswirkungen auf die Seele der Partnerin
Das Leben mit einem Narzissten bedeutet unendlich viel Schmerz. Diesen ein wenig zu beschreiben, versuche ich in diesem Beitrag. By the way: Solltest du ein Mann sein, der an der Seite einer Narzisstin lebt, ist das für dich natürlich ähnlich schmerzhaft.*
Eure Beziehung begann himmelhochjauzend. Noch nie hattest du das Gefühl so richtig bei jemanden zu sein. Ihr gabt euch gegenseitig genau das, was ihr beiden so dringend brauchtet.
Spätestens jedoch, wenn dein Partner das erste Mal eine Aussage von dir als zu kritisch gegen sich, als Abwertung seiner Persönlichkeit, als etwas interpretiert, was seinem negativen inneren Selbstbild dient, beginnt eure Beziehung zu kippen.
Dein Partner prägt immer öfter ein Verhalten aus, welches landläufig als passive Aggression bezeichnet wird. Ein Symptom, welches allein, als Persönlichkeitsstörung auftreten kann, häufig allerdings gepaart mit der narzisstischen Persönlichkeitsstörung ist.
Er verhält sich absolut verwirrend, und weist dir immer öfter die Schuld für etwas zu. Hast du von einem Termin nichts gewusst, und empörst dich, so hast du nicht zugehört, und diesen Umstand selbst verschuldet. Auch dann, wenn du dir eigentlich sicher bist, dass er dir nichts von diesem Termin erzählt hat.
Da er allerdings vehement auftritt, bist du verunsichert, und fängst mit der Zeit an, an deinem eigenen Verstand zu zweifeln, weil diese neuen Umstände nun immer häufiger auftreten.
Er fängt an, dich und deine Leistungen herabzuwürdigen, weil er felsenfest davon überzeugt ist, dass du sein ICH nicht genügend würdigst.
Immer öfter eskalieren eure Gespräche zu immer heftiger werdenden Streitereien. Dabei verletzt er dich auf geschickte Art so sehr, dass du nur noch um dich schlagen kannst.
Es kommt eine Zeit, da kannst du sagen, was du willst, und es entbrennt rasend schnell ein heftiger Kampf. Schneller als du denken kannst, verdreht er dir deine Worte im Mund und benutzt alles gegen dich.
Je negativer er sich dir gegenüber entwickelt, desto mehr hast du das Bedürfnis, darüber zu sprechen. Du versuchst ihm lange Zeit klar zu machen, wie sehr du unter seiner Persönlichkeitsveränderung leidest. Doch jeder Gesprächsansatz, jeder Versuch deinerseits, ihm deutlich zu machen, warum du in eurer Beziehung leidest, führt nur zu neuen heftigen Auseinandersetzungen.
Schließlich kritisierst du ihn in seiner Persönlichkeit, was er keinesfalls zulassen kann. Im Gegenteil er erringt die Meisterschaft im Verdrehen. Was auch immer du kritisierst, es dauert nicht lange, und er schmiert DIR diese Kritik aufs Brot. So ist nicht etwa er, sondern du der Täter.
Während er glaubt, an all euren Streitigkeiten unschuldig zu sein, geht es dir immer schlechter. Es ist häufig tatsächlich so, dass er überaus provokante Äußerungen macht, die von außen gesehen erst einmal harmlos aussehen. Pikant werden seine Bemerkungen erst dadurch, dass er sich als Profi heraus stellt, der genau weiß, welche Knöpfchen er drücken muss, um dich zutiefst zu verletzen.
Dabei ist er felsenfest davon überzeugt, dass er die Unschuld vom Lande ist, während du eure Beziehung kaputt machst. Er stellt sich selbst als Opfer dar, der eigentlich immer nur unter deinen Provokationen leiden muss. Er ist Herr Saubermann mit der weißesten Weste von Welt.
Seine permanenten Angriffe tief unter die Gürtellinie, die Unmöglichkeit, im Gespräch mit ihm etwas zu klären, oder auch nur einen Schritt weiter zu kommen, (siehe auch: http://psychologica.de/leben-mit-einem-narzissten-teil-4/), seine Unfähigkeit, irgendetwas einzusehen, und sein gesamtes Verhalten sorgen dafür, dass du irgendwann nur noch um dich schlägst.
Ja, du benutzt „böse“ Worte, wie Arschloch, Schwein und fängst an, die Gossensprache für dich zu perfektionieren, nur, ja nur, um ihn zu stoppen. Um seinen Gemeinheiten etwas entgegen zu setzen, um ihm genauso weh zu tun, wie er dir wehtut.
Du hältst es einfach nicht mehr aus, weißt dir einfach nicht mehr zu helfen. Nun teilst du immer öfter aus, denn letztendlich ist es ja egal, denn er glaubt ja auch bei jeder normalen Aussage von dir, dass diese ein Angriff gegen ihn wäre. Er ist einfach nicht mehr zu stoppen, und eure Liebe bleibt immer mehr auf der Strecke. Ja, wenn da nicht hin und wieder das alte Gefühl durchblitzen würde, der Mann, der immer die richtigen Worte findet, im richtigen Moment.
Dennoch wachsen deine Aggressionen mit deiner Verzweiflung. Du weinst viel, bist unruhig und leidest mittlerweile an Schlafstörungen. Denn eins spürst du ganz genau: Du müsstest ihn eigentlich sofort verlassen, wenn dieses dumme Wörtchen WENN nicht wäre. Noch wehrst du dich mit Gegenangriffen als Reaktion auf sein Verhalten. Deine Wortwahl ist dabei nicht mehr wählerisch.
Er hingegen lässt sich so gut wie nie dazu herab, Schimpfworte gegen dich zu benutzen. Seine Gemeinheiten sind perfide und subtil. So kann er dich kontrollieren, und dir seine Macht beweisen, und gleichzeitig sein Saubermann Image aufrecht erhalten.
Das nämlich benötigt er, um anderen Menschen, notfalls, z.B. in einer Paarberatung, nachweisen zu können, dass DU diejenige bist, die eure Beziehung kaputt macht, weil du ihn regelmäßig als Arschloch o.ä. titulierst. Auch für sich selbst ist es wichtig, sich nicht auf derartige Formulierungen herab zu lassen, die normalerweise als negativ und aggressiv gelten, denn so wahrt er den Schein der Schuldlosigkeit.
Während du am Anfang noch differenziertest, und sagtest, du verhältst dich mir gegenüber wie ein Arschloch, sind mittlerweile alle Dämme gebrochen. Du beschimpfst ihn im Streit gnadenlos. Dein Schmerz ist so unendlich groß, dass du nur noch um dich schlagen kannst. Oft tut dir dein Ausgeflippe hinterher leid, und du entschuldigst dich bei ihm. ER hingegen entschuldigt sich nie als Erster. Mit Glück kontern er deine wortreiche Entschuldigung mit: Mir tut das auch leid.
Vergessen wir nicht, dass er ja auch passiv aggressiv ist, und seine Wut nur passiv, d.h. indirekt zeigt, indem er dich immer öfter auflaufen lässt. Fakt ist, dass sein Verhalten aus dir einen Beserker machen kann, obwohl du normalerweise ein friedliebender Mensch bist. Du erkennst dich selbst nicht wieder. Ärgerst dich darüber, dass du dich so behandeln lässt, und seine Provokationen immer wieder zu erneuten Ausbrüchen bei dir führen.
Irgendwann bist du nur noch Schmerz. Du versuchst nicht aufzugeben, dich nicht unterkriegen zu lassen, und gehst doch so sehr kaputt an der Situation. Wenn du keinerlei Abhängigkeiten von ihm hast, keine gemeinsamen Verpflichtungen, keine Kinder usw., ist nun allmählich der richtige Zeitpunkt gekommen, ihn zu verlassen, bevor er es tut, und dich noch mehr verletzt.
Solltest du allerdings finanziell mit ihm verwebt sein, verheiratet, gemeinsame Kinder haben, dann fällt dir die Entscheidung, dich zu trennen sicherlich noch schwerer. Gerade auch Abhängigkeiten sorgen dafür, dass du es länger an seiner Seite aushalten musst, als dir lieb sein kann.
Dann ist das Einzige, was du machen kannst, möglichst zu schweigen, keine Gespräche mehr zu suchen, ihn ablenken, und selbst eher unscheinbar zu wirken. Du darfst ihm keinen Anreiz bieten, sich seine narzisstische Zufuhr über dich zu holen. Denn das ist es, was für ihn wichtig ist. Die Liebe zu dir hat er schon längst verloren, aber noch hast du eine Bedeutung für ihn.
Gehe ihm so gut, wie möglich aus dem Weg. Sage nichts, was er auch nur im Entferntesten als Kritik auffassen kann. Schaffst du das? Vergiss‘ deinen Selbstschutz nicht. Hier geht es um dich und DEIN Überleben. Auch dann, wenn er ununterbrochen in deinem Kopf herumschwirrt.
Es ist wichtig, dass du anfängst, aktiv zu handeln, denn inzwischen hast du vermutlich deine Kontur verloren, und weißt nicht mehr, wer du bist.
Du bist menschlich total durcheinander, und bist in eine überaus harte Schule gegangen. Du musstest lernen, dass du nichts an ihm, oder eurer Beziehung verändern kannst, da ihm die Einsichtsfähigkeit fehlt, die Voraussetzung ist, für eine selbst initiierte Veränderung. Liebe hilft ebenso wenig, wie viele Worte.
Du hast abgewartet, hast gekämpft, hast gehofft… du hast alles für eure Beziehung gegeben, und bist dennoch gescheitert. An ihm. Nun geht es dir unsagbar schlecht, und es bleibt dir nur noch, dich gut vor ihm zu schützen. Du musst den letzten Schritt machen. Von ihm fort. Um deinetwillen!!!
Es geht nur noch um dich!
*Da an der Krankheit der narzisstischen Persönlichkeitsstörung deutlich mehr Männer erkranken, habe ich mich entschieden, meinen Beitrag aus Sicht der Frauen zu schreiben.
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