Freundschaft, unsere Gesellschaft & wir
Warum Freundschaften in Zukunft immer wichtiger werden…
Ähnlich wie bei Paarbeziehungen wachsen auch in Freundschaften die Ansprüche immer mehr. Man erwartet viel vom Anderen, aber bietet selbst wenig. Wohl hofft man darauf, dass die Freunde alles für einen tun, ist selbst aber schnell überfordert, wenn es heißt, mal für Freund oder Freundin wirklich da zu sein.
Funktioniert das Gegenüber nicht so, wie man es sich wünscht oder vorstellt, kann man notfalls die Freundschaft ja hin schmeißen. Neue Freunde sind mithilfe des Internets schnell gefunden, oder man greift notfalls auf seine vermeintliche lange Freundesliste bei Facebook zurück.
Schließlich muss man sich heutzutage nicht mehr unbedingt treffen, verfügt man doch über jede Menge Technik, die Kontakt möglich machen. Ob über Facebook, Whatsapp oder andere Messenger, man bleibt leicht im vermeintlichen „Kontakt“. Dabei ist der eigentliche, menschliche relevante Kontakt nur im persönlichen Miteinander möglich.
Während meine Generation, (die in der Vorsmartphone und sogar Handyzeit erwachsen wurde), als junge Menschen noch Kontakt pflegen musste, indem sich Freunde miteinander tatsächlich miteinander trafen, reicht vielen jungen Menschen heutzutage das Schreiben im Messenger aus, um sich nicht allein zu fühlen. Ablenkung und Kontakt sind durch PC und Smartphone jederzeit gewährleistet.
Unsere Gesellschaft verändert sich. Die Technik und Errungenschaften, die das Internet mit sich brachten, haben weitreichenden Einfluss auf uns Menschen. Es ist einfach nicht mehr so, wie früher, als wir uns noch bewegen mussten, um unsere Einsamkeit zu bekämpfen. Sich nur am Telefon zu begegnen, reichte uns nicht, zumal wir als Jugendliche durch Festnetztelefone mit Telefonkabel, (etwas anderes gab es noch nicht), oft in Hörweite unserer Eltern sein mussten. Dort nämlich, wo sich die Telefonanschlüsse nun mal befanden. Wir wollten aber ungestört miteinander reden, lachen, und etwas unternehmen, um unsere Langeweile und Einsamkeit zu bekämpfen.
Nun geht es uns einfach zu gut. In Zeiten, als es uns schlechter ging, waren wir mehr füreinander da. Wir waren bescheidener, schneller zufrieden zu stellen, und fröhlicher. Denn es gab noch Dinge, auf die wir uns freuen konnten. Gerade auch in Kriegszeiten, den Zeiten absoluten Mangels, hielten die Menschen zusammen und überbewerteten des Anderen Macken nicht. Schließlich gab es Wichtigeres, als sich über andere Menschen auszulassen. Gemeinschaft war u.U. überlebenswichtig, der Zusammenhalt wichtig für die seelische UND körperliche Gesundheit.
Heutzutage ist alles anders.
Jugendliche und auch Erwachsene treffen sich, wenn überhaupt, um trotzdem mit ihren Smartphones zu hantieren. Ohne geht halt nichts mehr. Smartphone macht süchtig. Für viele ist ES das wahre Leben. Es ist Kontaktmöglichkeit, Fotoapparat, Fotobuch, Notizbuch, Adressenliste, Kalender, Wetterstation, Spielekonsole, Tagebuch, und vieles mehr. Kein Wunder also, dass wir abhängig sind.
Bei so viel Abwechslung und Spannung kann auch der beste Freund nicht mithalten. Wissenschaftler sagen schon jetzt voraus, dass unsere Kommunikationsfähigkeiten leiden werden. Aber auch Freundschaften gehören zu den verschwindenden Kulturgütern.
Der Egoismus wird siegen. Ob wir das wollen oder nicht. Wir alle streben danach, dass es uns gut geht, und übersehen dabei, dass es uns schon jetzt besser geht, als jemals zu vor. Aber wir wollen immer mehr. Das liegt in der Natur von uns Menschen.
HABEN macht satt. Nicht nur beim Essen. Übersatt. Das bedeutet im übertragenen Sinn, dass wir uns über nichts mehr freuen, kaum noch nach etwas streben. Es wird uns alles vorgesetzt. Da fehlt die Befriedigung des Selbsterreichens. Wir müssen uns nicht mehr anstrengen. Nicht umsonst lehnen immer mehr junge Leute auch Verantwortung ab. Sie wollen lieber leben, und Zeit für ihr Smartphone haben. Mehr Geld für mehr Leistung ist kein Lockmittel mehr für Menschen, die bereits alles haben.
Freundschaften werden immer wichtiger, weil sie immer rarer werden. Dabei benötigt unsere Seele Freunde, die ein soziales Netz bilden, um uns notfalls aufzufangen, falls es uns schlecht geht. Wir brauchen Freundschaften, um seelisch gesund zu bleiben. Das Gefühl, da ist jemand für mich da, und das nicht nur virtuell. Ein Mensch aus Haut und Knochen, der uns auch einmal in den Arm nehmen kann, wenn wir traurig sind, und nicht nur schreibt: „Fühle dich umarmt.“, „Big hug.“
Mit Freunden proben wir unsere Mitmenschlichkeiten. Trainieren unsere emotionale Intelligenz, entwickeln uns stetig weiter. Sie geben uns Auftrieb und Ansporn, hinaus in die Welt zu gehen, und Freude zu empfinden. Sie sorgen normalerweise dafür, dass wir Technik eine zeitlang mal Technik sein lassen. Durch Freunde lernen wir andere Menschen kennen. Wir sehen Dinge, die wir daheim niemals sehen würden und hören von anderen Menschen aufrichtige Gefühle, weil diese beim Erzählen einfach ehrlicher und präsenter sind. Die Oberflächlichkeiten im Netz haben dort ein Ende, wo wahre Freundschaft herrscht.
Fangen wir doch bei uns selbst an: RETTEN wir unsere Freundschaften, indem wir uns um unsere Freunde bemühen!!
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