Gehen lassen … von Abschied & Trauer – Teil 1

Loslassen lernen

Trauerarbeit muss geleistet werden

Uns Menschen fällt es nicht leicht, den Abschied von geliebten Menschen zu akzeptieren, besonders dann, wenn diese für immer von uns gehen.

Wir haben in unserer Gesellschaft nicht gelernt, mit dem Tod umzugehen. Er macht uns Angst, ist fremdartig, und für uns nicht ausmalbar.  Da wir aber nicht wissen können, was uns nach dem Tod erwartet, empfinden wir den Tod als alles verschlingendes Loch. Denn eins ist sicher: Ist ein nahe stehender Mensch von uns gegangen, werden wir nie wieder mit ihm kommunizieren können.

Wir können ihn nicht mehr umarmen, ihm keinen Trost spenden, und auch nicht mehr die Worte sagen, die wir ihm doch vielleicht noch sooooo gern gesagt hätten.

Sterben ist etwas, was wir uns nicht vorstellen können, und wenn jemand aus unserem engsten Kreise stirbt, erinnert uns dies auch an unsere eigene Vergänglichkeit. Die Angst vor dem eigenen Ableben begleitet uns, und ist uns in solchen Momenten besonders nah.

Egal, ob wir unsere Liebsten durch einen Unfall, durch Krankheit oder aber einen „natürlichen“ Tod verlieren, der Verlust schmerzt ungemein. Gerade auch, wenn der uns nahe stehende Mensch nicht plötzlich, sondern langsam über viele Wochen der Krankheit stirbt, müssen wir uns vorbereiten und denjenigen gehen lassen.

Natürlich wollen wir ihn nicht verlieren, und die Zeit seines Leids dehnt sich scheinbar unendlich. Unser Abschied dauert lang. Viel länger, als wenn jemand ganz plötzlich durch einen Unfall ablebt. Letzteres ist bitter, weil uns keinerlei Zeit der Vorbereitung blieb, und wir uns ganz plötzlich mit dem Verlust konfrontiert sehen. Der erste Fall verlängert auch unser Leid.

Einen Menschen gehen zu lassen, ob nun unerwartet, oder nach längerer oder kürzer Krankheit, ist ein Schritt, den wir im Leben immer wieder machen. Wir müssen los lassen.

Ein Tipp ist, immer mit allen Menschen „auf dem Laufenden“ sein. Das soll heißen, dass wir ungeklärte Themen nicht aufschieben, sondern anpacken sollten. Wir sollten unseren Liebsten nicht zu lang grollen und immer sagen, was uns auf dem Herzen liegt. So können wir den Umstand: Ich wollte ihm/ihr doch noch so viel sagen, vermeiden.

Wenn du etwas auf dem Herzen hast, dann teile es deinen Liebsten lieber heute als morgen mit. Du kannst auch einen Brief schreiben, wenn dir das Gespräch zu schwer fällt. Wichtig ist, dass du ein Bewusstsein dafür hast, dass wir vergänglich sind, und unser Leben endlich. Dass es ganz plötzlich Umstände geben kann, die verhindern können, ins Reine zu kommen.

Sorge dafür, dass keine Reste zwischen euch sind. Sage lieber einmal mehr als zu wenig: „Ich habe dich lieb!“, oder „Ich bin dir dankbar!“, denn es kann kein ZU VIEL von solchen Sätzen geben.

Du hilfst dir selbst, und erleichterst deine Trauer, wenn du nicht zusätzlich das Gefühl hast, dass du noch etwas hättest klären müssen.

Abschied gehört zum Leben. Leider auch ungeplant. Trauer kann uns ganz plötzlich übermannen und unsagbare Schmerzen verursachen. DANN benötigen wir unsere ganze Kraft für das „Gehen lassen“. Dafür, uns damit zu arrangieren, den gestorbenen Menschen nie wieder sehen, berühren, sprechen zu können. Genau in diesen Momenten leisten wir Trauerarbeit. Die Arbeit, die unserer Seele hilft, los zu lassen.

Trauern wir um den geliebten Menschen. Trauern wir um den Schmerz des Verlustes. Darum, dass wir allein zurück bleiben. Unsere Trauer ist nun wichtiger als alles andere. Wir sind wichtig. Wir und unser Schmerz. Wie schön, wenn andere Lieben uns beistehen, und uns in unserer Trauer unterstützen. Hoffen wir darauf, nicht mit Sätzen abgespeist zu werden, wie: „Das Leben geht weiter.“, oder „Du musst nach vorn schauen.“ Die helfen keineswegs, die Trauer zu verringern, sondern schmerzen aufgrund mangelnden Verständnisses noch mehr. Helfen können allerdings Rituale, wie das Feuerritual.

Verabschieden wir uns mit lieben Gedanken, die wir dem Sterbenden oder Verstorbenen mit auf seine Reise geben. Gedenken wir seiner und helfen uns dabei selbst. Gehen wir eine geistige Verbindung ein, die uns tröstet. Und wenn wir so weit sind, dann lassen wir los und …

…. trösten uns mit dem Gedanken, dass der Tote hoffentlich an einem besseren Ort ist. Schmerzfrei und leicht. Erlöst.

DANN ist der Zeitpunkt gekommen, sich auch von der eigenen Trauer zu verabschieden. Das heißt nicht, dass wir den Verstorbenen vergessen, sondern nur, dass die Haupttrauerphase nun abgeschlossen ist. Wir können uns helfen, indem wir ein Ritual entwickeln, z.B. immer am Todestag, am Geburtstag usw. eine Kerze zu entzünden. Wir müssen nun einen Raum, und einen Zeitpunkt für unser Andenken und unsere Trauer erschaffen, der uns erlaubt, ohne diesen wahnsinnigen, kaum aushaltbaren Schmerz weiter zu leben.

Wir müssen die Person, die von uns gegangen ist, gehen lassen, dürfen aber uns selbst nun nicht mehr gehen lassen. Lassen wir los!
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Hier bloggt für euch Almut Bacmeister-Boukherbata, Psychologische Beraterin & Paarberaterin in eigener Praxis seit 2001. In Hamburg lebend und praktizierend. Bietet seit 2010 auch mobile Beratung im Hamburger Umkreis an. Für alle, die nicht aus Ihrem Einzugsgebiet kommen, bietet sie ebenfalls Telefoncoaching an. Ihre Arbeitsweise ist kreativ und intuitiv, Klientenbezogen. Bekannt unter dem Begriff: "Individuelle Wegbegleitung". Sie schreibt Bücher und betätigt sich künstlerisch.

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