Fastnacht – Ein persönlicher Beitrag…

Die tollen Tage und die Freude, die sie bereiten

Wildes Treiben zur Zeit der Fastnacht

Es ist wieder so weit. Jährlich erfreuen sich viele Menschen an der närrischen Fastnacht, dem Karneval, der bei uns im Norden eher als Fasching bekannt ist, und der die Menschen für eine auf wenige Tage begrenzte Zeit mehr als glücklich macht.

Damit das Highlight des Jahres auch gelingt, wird schon Monatelang vorher geprobt, der Elferrat sitzt zusammen, damit die Karnevalssitzungen auch das halten, was sie versprechen: Freude und herzhaftes Lachen.

Auch an den Wagen für den Rosenmontagsumzug wird sicherlich ebenso lang gewerkelt und gebaut, damit sie beim Umzug glänzen können. Vorfreude ist ja häufig die beste Freude, und so machen die Vorbereitungen auch besonders viel Spaß.

Selbst ich als geborenes Nordlicht komme nicht umhin, über die Fastnacht zu schreiben, und das, obwohl ich keine Ahnung davon habe, und nie einen Zugang fand.

Die tollen Tage haben aber durchaus eine positive Wirkung auf die Seele. Sie sind für viele Menschen so wichtig ist, dass selbstverständlich die Rosenmontagsumzüge im Fernsehen übertragen werden, und seit Tagen auch Karnevalssitzungen für die Interessierten über den Äther laufen. Für mich durchaus ein Grund, mich mit diesem Thema auseinander zu setzen. Schließlich hat Fastnacht dadurch durchaus psychologische Auswirkungen.

Ich kann mich diesem Thema sowieso nicht entziehen, da auf allen Medien darüber berichtet wird.

Als gebürtige Hamburgerin ist mir dieses Treiben einfach fremd. Ein wenig hanseatisch steif, ohne große Gefühlswallungen, wuchs ich in Hamburg auf, ohne jemals Fastnacht persönlich kennen gelernt zu haben. Natürlich gab es Fasching bei uns in der Schule und auch im Turnverein, aber das war nichts anderes, als eine Möglichkeit, sich zu verkleiden. Wirklich gefeiert wurde woanders.

Mein persönlicher Kontakt mit der Fastnacht war eher bescheiden: Ich war klein, und ganz selten (dass dies nur einmal jährlich war, war mir damals nicht bewusst) wenn ich aus der Schule kam, dann lief der Fernseher, was bei uns so gut, wie nie vorkam.

Rosenmontagsumzug – buntes Treiben

Ich sah viele verkleidete Menschen, merkwürdig geschmückte Wagen, die mit lautem Tam Tam durch die Menschenreihen fuhren. Langweilig. Mama arbeitete in der Küche, und kam immer wieder ins Wohnzimmer, wo unser einziger (!!!) Fernseher stand, um zu schauen. Was sie daran so interessant war, erschloss sich mir nicht. Natürlich erklärte sie mir, dass das nun die Rosenmontags-Festumzüge seien, aber deren tiefere Bedeutung verstand ich nicht.

Genervt von den Fastnachtssitzungen im Fernsehen in den Tagen zuvor, winkte ich innerlich ab. Noch zu jung, um die teils politische, teils kabarettistisch-literarische Leistung der Büttenredner zu verstehen, fand ich nur blöd, was ich sah. Schließlich war ich aufrecht erzogen, und auf hochdeutsch trainiert, und dieses Rheinische mir fremd. Na ja, ein bisschen fremd. Tante und Onkel sprachen ja auch so, wenn wir sie bei unseren vielen Besuchen bei den Großeltern trafen. Das waren so richtige rheinische Frohnaturen, aber den Zusammenhang erkannte ich noch lange nicht. Langweilig halt, und einfach nur anders als wir.

Toll fand ich allerdings die Waffeln, die ausschließlich am Rosenmontag gebacken wurden. DAS machte MIR Freude. Mit dem Rest konnte ich nichts anfangen. Ich verband diese Feierlichkeiten im Fernsehen auch überhaupt nicht mit dem Fasching in der Schule.

Eine einzige positive Erinnerung…

Der Fasching in der Schule ist mir sowieso negativ in Erinnerung geblieben. Stress mit den Kostümen. Welch Langzeitwirkung hat so etwas auf die zarte Seele eines Kindes…

Man musste als Kind etwas darstellen, und ich sollte als Ungarin gehen. Bitte, was ist eine Ungarin? Dabei war mein Kostüm aus heutiger Sicht gar nicht so schlecht, und war etwas völlig anderes als die anderen hatten. Aber genau da lag damals mein Problem.

Mir fehlte auch das Verständnis dafür, warum ich mich verkleiden sollte, zumal mir das alles aufgezwungen wurde. Freude war keine dabei, da es sich immer um Pflichtveranstaltungen in der Schule handelte, auf die ich gern hätte verzichten können.

Jungerwachsen folgte ich dann den Spuren des Faschings. Ging auf große Hamburger Faschingsveranstaltungen, und konnte ein wenig erahnen, was feiern ist. Von daheim, oder aus der Schule kannte ich so etwas nicht, denn erzwungener Frohsinn ist nichts, was der Seele gut tut.

Ich hatte nun Freude, meiner Kreativität zu frönen, und mich so zu verkleiden, wie es mir gefiel. Ich musste nur ein Paradiesvogel sein, und nicht unbedingt etwas darstellen, was auch die anderen Mitkarnevalisten gut finden können. Meist war das irgendetwas Verrücktes, und ich zeigte mein malerisches Talent im Gesicht, in dem ich wunderschöne Verzierungen anbrachte. Das diente meiner eigenen Freude & Lust.

Aber auch dieser Spaß ließ nach, spätestens, als mein erstes Kind zur Welt kam. Fastnacht war halt nichts für mich, damit konnte ich leben. Was ich all die Jahre nicht begriff, war, dass auch meine Eltern aus dem Rheinland stammten, und „ihre“ Bräuche vermissten. Dass es deshalb Fernsehen mit Waffeln am Rosenmontag gab.

Ich wusste nicht, warum man Fastnacht überhaupt feiert, bis ich im Fernsehen eine Sendung sah (Unter uns: Das war erst gestern, hihi – wir schreiben Februar 2018), die mir Zugang gewehrte. Nun erst begriff ich, dass die tollen Tage einen Sinn machten, und den Übergang vom normalen Leben zur Fastenzeit bedeuteten. Die Menschen feierten noch einmal ausgelassen, tranken, aßen und amüsierten sich köstlich, bevor die ernste und religiös bedingte Zeit der Entbehrung begann.

Die Freude dabei kann ich nun nachvollziehen. Die Menschen tun sich etwas Gutes. Sie nähren ihre Seele mit Glücksgefühlen, damit Serotonin ausgeschüttet wird, und sie weiterhin gut gelaunt stimmt. Sie nutzten in früheren Zeiten die Möglichkeiten, Seitenhiebe auf die Obrigkeiten zu setzen, weil sie nicht offen Kritik äußern konnten. So wurde die Freude auch politisch.

Einmal in jungen Jahren geprägt durch die Fassenacht, verlässt einen anscheinend nie der Wunsch, dabei zu sein. Und wenn es nur am Fernseher ist. (Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel, denn es gibt auch Rheinländer, die in dieser närrischen Zeit nach Norden fliehen.)

Freude genießen können. Darauf kommt es an! 

Auch erst gestern durfte ich übrigens erfahren, dass die Lieder meiner Kindheit, die ich von meinen Eltern, bzw. meiner Großmutter kannte, eigentlich ursprünglich Karnevalslieder älteren Jahrgangs waren. „Heile, heile Gänsje“* und „Wer soll das bezahlen“.** Das überraschte mich dann doch… Manchmal dauert es ein wenig länger, bis Verständnis reift… 😉

Alles in allem war ZDF History über den Karneval eine interessante Sendung, die mir ein wenig tieferes Verständnis vermittelte. Für alle, die dieses Thema ein wenig mehr interessiert, oder, die wie ich einen Zugang suchen, der kann sich noch für geraume Zeit die Sendung in der ZDF-Mediathek anschauen.

https://www.zdf.de/dokumentation/zdf-history/narrenrepublik-deutschland-die-geschichte-des-karnevals-100.html

*   https://de.wikipedia.org/wiki/Heile,_heile_G%C3%A4nsje

**https://de.wikipedia.org/wiki/Wer_soll_das_bezahlen%3F

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Hier bloggt für euch Almut Bacmeister-Boukherbata, Psychologische Beraterin & Paarberaterin in eigener Praxis seit 2001. In Hamburg lebend und praktizierend. Bietet seit 2010 auch mobile Beratung im Hamburger Umkreis an. Für alle, die nicht aus Ihrem Einzugsgebiet kommen, bietet sie ebenfalls Telefoncoaching an. Ihre Arbeitsweise ist kreativ und intuitiv, Klientenbezogen. Bekannt unter dem Begriff: "Individuelle Wegbegleitung". Sie schreibt Bücher und betätigt sich künstlerisch.

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