Empathie verstehen & lernen – Teil III

Mit fremden Gefühlen umgehen

Verstehen, wie der Andere sich fühlt, und darauf eingehen

Wer trainiert ist, sich selbst zu reflektieren, wer nach Selbstbeobachtung und Verstehen der eigenen Motivationen, sich selbst ein ganzes Stück näher gekommen ist, der sollte gut in der Lage sein, sich selbst zu verstehen. Siehe  Teil I und Teil II von „Empathie verstehen & lernen“.

Das nämlich ist eine gute Grundlage dafür, empathisch auf andere Menschen zu reagieren. Denn nur, wer sich selbst gut kennt, und den Umgang mit den tieferen Aspekten von Gefühlen gewohnt ist, kann wirklich empathisch sein.

Wichtig ist in einem weiteren Schritt auch, dass man übt, sich in andere Menschen hinein zu versetzen. Man versucht, die Welt mit dessen Augen wahrzunehmen. Hierzu ist es wichtig, seine eigenen Wertmaßstäbe bei Seite zu schieben, da diese nicht allgemein gültig, sondern subjektiv sind.

Das Trainieren auch von Vorstellungskraft kann die eigene Empathie ebenfalls unterstützen. Spielerisch fremde Menschen einzuschätzen, wäre eine einfache Übung dazu. Dabei geht es NICHT darum, etwas Wahres vorher zu sagen, sondern vielmehr darum, begründete Vermutungen zu äußern. Was ich mache, ist, mir Informationen mit all meinen Sinnen zu sammeln. Ich verwerte also die Informationen, die ich sehe, die Informationen, die ich wahrnehme, und das was ich höre. Innerlich gleiche ich diese Wahrnehmungen mit dem ab, was ich in meinem Leben gelernt habe.

Ich lasse auch meine Fantasie spielen, um mich auf meine eigenen Vermutungen einzulassen. Empathie ist also eine Ansammlung von Informationen, deren Abgleich mit Erfahrungen, und meinem Wissen, wie man in der Regel wann, reagiert.

Sie bleibt allein zurück…

Ein Beispiel:

In einem Restaurant sitzt ein Paar. Ich weiß, dass die beiden das Restaurant getrennt betreten haben, weil ich dies beobachtet hatte. Ich sehe, dass die beiden sehr weit auseinander sitzen. Ich nehme wahr, dass die beiden sich nicht grün sind, denn sie lächeln einander nicht an. Ich höre, dass die beiden sich anscheinend streiten. Sie haben noch nicht einmal etwas bestellt. Plötzlich steht er mitten im Gespräch auf, und geht.

Natürlich gehe ich aufgrund der Faktenlage davon aus, dass er sich gerade von ihr getrennt hat. Sie schaut krampfhaft in eine anderen Richtung. Da meine Lebenserfahrungen mir sagen, dass eine Trennung traurig macht, gehe ich davon aus, dass sie am Weinen ist.

Mein Mitgefühl würde anspringen, und ich denken: „Die arme Frau, so einfach verlassen zu werden, wie fürchterlich. Sie tut mir leid. Die kann doch froh sein, solch einen Kerl los zu sein.“  Dabei würde ich bei mir bleiben, und die Situation aus meiner Perspektive beurteilen.

Meine Empathie ginge allerdings weiter. Ich würde mich in diese Frau hinein versetzen, und fühlen, was sie vermutlich fühlt. Verzweiflung und Scham zum Beispiel. Scham darüber, so, in aller Öffentlichkeit für jeden sichtbar, behandelt worden zu sein. Verzweiflung darüber, dass er sie so kurz angebunden verlassen hat, ohne eine Klärung möglich zu machen. Ich versuche, ihre Gefühle zu verstehen. Sie muss sich schrecklich fühlen. Natürlich weiß ich nicht, ob die Beiden nur 3 Monate zusammen waren, oder 10 Jahre. Den Schmerz, den diese Frau im Augenblick durchmachen muss, kann ich mir allerdings lebhaft vorstellen.

Ich könnte ihr meine Hilfe anbieten, und in einem Gespräch heraus bekommen, wie sehr sie leidet. In diesem Gespräch könnte ich die Umstände ein wenig abklopfen, die mir ermöglichen, noch empathischer zu sein. Zum Beispiel erfragen, ob die beiden zusammen gelebt haben, und gemeinsame Kinder vorhanden sind. Fakten, bei denen ich davon ausgehen kann, dass diese ihren Schmerz vermutlich vergrößern. Verständnis für sie und ihre Situation zu zeigen, und mit meinem Verständnis ihrer Gefühle ein wenig Trost zu spenden, und ein Gespräch über das, was passiert ist, könnte ihr vermutlich helfen, den ersten Schock zu überwinden.

Natürlich kann ich sagen: „Sei doch froh, dass du ihn los bist.“, aber hilfreicher wären sicherlich Sätze wie: „Ich kann mir gut vorstellen, wie du dich im Moment fühlen musst.“, „Das tut bestimmt richtig weh.“ usw. Sich mit seinen Gefühlen verstanden zu fühlen, ist hilfreicher, als kluge Sprüche zu kassieren.

Empathie lernen hilft dabei!

 

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Hier bloggt für euch Almut Bacmeister-Boukherbata, Psychologische Beraterin & Paarberaterin in eigener Praxis seit 2001. In Hamburg lebend und praktizierend. Bietet seit 2010 auch mobile Beratung im Hamburger Umkreis an. Für alle, die nicht aus Ihrem Einzugsgebiet kommen, bietet sie ebenfalls Telefoncoaching an. Ihre Arbeitsweise ist kreativ und intuitiv, Klientenbezogen. Bekannt unter dem Begriff: "Individuelle Wegbegleitung". Sie schreibt Bücher und betätigt sich künstlerisch.

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